Morbide Romantik in Dungeness, der Wüste Englands

Südengland ist für Freunde ausgiebiger Wanderungen und aller Arten von Wassersport stets eine Reise wert. Die hierzulande wenig bekannte Gegend an der Landzunge Dungeness bietet außerdem ganz spezielle Reize, wie die am Strand gelegene Künstlergemeinschaft „Village„, ein Naturschutzgebiet voller seltener Pflanzen und die Melange aus Schiffswracks, fünf Leuchttürmen und zwei Kernkraftwerken.
Willkommen Einsamkeit
Für die Anreise nach Südengland bietet sich der Eurotunnel oder eine der Autofähren zwischen Calais und Dover an. Von Dover bis nach Dungeness braucht es nur eine kurze Fahrt durch die Grafschaft Kent. Schon befindet man sich in einer postapokalyptisch wirkenden Landschaft, in der kaum Menschen wohnen. In dem 190 Hektar großen Gebiet befinden sich nur wenig mehr als zwanzig Anwesen – In einem davon verbrachte der Art House Filmemacher Derek Jarman seine letzten Jahre. Dies war einer der zahlreichen Gründe für die Beliebtheit Dungeness‘ in den 1990ern: Jarmans Vorgarten war die perfekte Szenerie für Modefotos. Auch heute noch faszinieren die Bauten im Wild-West-Design viele Einwohner und Besucher.
Faszinierende Industrieromantik
Dungeness ist ein Gebiet, das Strandurlaub der etwas anderen Art ermöglicht. Statt Beachbars oder Promenaden finden sich hier Bunker, Kraftwerke, verfallende Holzhäuser und Gerippe alter Boote. Wer sich für Industriegeschichte interessiert, wird nicht nur an der im Regelbetrieb befahrenen Schmalspurbahn-Strecke (der „Romney, Hythe and Dymchurch Railway„) Gefallen finden, sondern überall im Gebiet verstreut Spuren der Technik vergangener Zeiten entdecken. Dazu gehören die „Listening Ears„, ein experimentelles Frühwarnsystem aus den späten 1930ern, das Luftangriffe durch die Konzentration von Schallwellen ankündigen sollte. Als eines der leisesten Gebiete Großbrittaniens wurde Dungeness für das Experiment auserwählt – Jedoch erübrigte sich die wenig effiziente Technik mit dem Aufkommen der Radartechnik.
Naturschutzgebiet und Filmkulisse
Bei den Spaziergängen an einem der längsten Kiesstrände der Welt kann der geneigte Besucher zudem Spannendes aus dem Bereich Flora und Fauna vorfinden. So ist das Naturschutzgebiet Dungeness die Heimat seltener Flechten, 600 verschiedener Pflanzenarten, sowie diverser sehr rarer Wildbienen, Spinnen, Käfer und Motten. Die aride Landschaft zieht immer wieder Filmemacher an. Unter anderem ist sie in Musikvideos diverser Genre von Lighthouse Family bis The Prodigy zu sehen, aber auch im Kultfilm „Time Bandits“ von 1981. Für einen Besuch der „Kiessteinwüste“ sprechen neben ihrer Bekanntheit unter Kunstfans auch das milde Klima und die Vielzahl guter Gaststätten und Unterkünfte in der umgebenden Romney Marsh Area. Alles in allem ist Dungeness ein spannendes Gebiet für einen Urlaub allein, mit Freunden oder der Familie und sollte zumindest einen Tagesausflug wert sein, selbst wenn man noch viele weitere Höhepunkte in seinem Südengland-Urlaub plant.