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Christentum und FKK

lukask CC BY-SA 2.0

Der ein oder andere Urlauber hat sich bei einem Strandaufenthalt in anderen Ländern sicher schon gefragt, inwiefern religiöse Gebote und Vorschriften Einfluss auf das Badeverhalten der Gläubigen haben. In der Tat sind FKK Strände in manchen Ländern vermehrt zu sehen, während in anderen Regionen der Welt selbst der Badeanzug zur Bedeckung nicht auszureichen scheint. Auf interessiertes Nachfragen reichen die Begründungen von Nacktheit als „unschicklich“ über „unchristlich“ zu „Sünde“, aber auch „Tradition“ und „Kultur“. Während viele christliche Gläubige in der Nacktheit am Strand einen Grenzüberschritt zu erkennen meinen, sehen viele Christen insbesondere in Europa aber keinerlei Problem in der Tatsache öffentlich nackt zu sein. Wie verhält es sich nun mit dem Christentum und FKK und wie sollte sich ein Reisender in stark christlich geprägten Ländern verhalten?

Religion und Kultur

Der wichtigste Aspekt bei der Beantwortung dieser Fragen ist die Erkenntnis, dass das eine Christentum als monolithischer Block nicht existiert. Viele Untergruppen und unterschiedliche Ausrichtungen machen diese Religion, wie alle anderen auch, zu einem vielseitigen Gebilde. Dies liegt sowohl in unterschiedlichen theologischen Schwerpunkten begründet, als auch im nicht zu unterschätzenden Einfluss der jeweiligen Kultur. Im Volksglauben wird dann auch oft Tradition und Kultur mit Religion verwechselt. Aus diesem Grund sind vielmals Argumentationsgänge als biblisch oder christlich zu hören, die schlicht nicht in der Bibel zu finden sind sondern vielmehr kulturell entstanden sind. Die Gläubigen selbst wissen dies häufig nicht mehr zu trennen. Das bedeutet auf Deutsch: was für Christ A okay ist, kann für Christ B verboten sein.

Christliche Argumentation gegen Nacktheit

Die meisten christlichen Gruppierungen, die sich strikt gegen FKK aussprechen, vermischen Sexualität und Nacktheit. In vielen christlichen Gemeinden ist Sex vor der Ehe verboten. Dieses Gebot sehen die Gläubigen in der offenen Zurschaustellung des eigenen Körpers gefährdet. Es besteht die Angst und das Vorurteil, dass fehlende Kleidung zu sexuellen Handlungen oder zumindest sündigen Gedanken führt.

Nacktheit in der Bibel

Prinzipiell gilt Nacktheit nach der Bibel nicht als Sünde. Im Gegenteil kann sich darauf berufen werden, dass Gott die Menschen so erschaffen hat und dies für gut befand. Auch im Neuen Testament wird Nacktheit an sich nicht verdammt. Bibelstellen, die die Gläubigen auffordern die Menschen zu kleiden, beziehen sich auf den Aspekt der Armut und Schutzlosigkeit. Es wird aber nicht mit Sittenwidrigkeit argumentiert.

Nacktheit in der Geschichte des Christentums

In der Geschichte des Christentums, von den alten Kirchenvätern zu modernen Theologen, sind Aussprüche zur Nacktheit in jede Richtung zu finden. Auch dies zeigt, dass es keine einheitliche Meinung von „dem Christentum“ zum Thema gibt. Während Nacktheit anfangs ein rein pragmatisches Thema im Sinne von Armut war, wurde sie im 4. Jahrhundert von Epiphanus von Salamis dann doch verdammt. Andererseits ist der große Franz von Assisi bekannt dafür, dass er nackt war. Er wollte ein sozial-politisches Statement gegen Materialismus setzen. Auch Papst Johannes Paul II hat sich diesem Thema wohlwollend gewidmet. Zusammenfassend vertrat er die Meinung, dass Nacktheit nicht automatisch Schamhaftigkeit bedeutet. Letztere liege im Inneren des Menschen begründet.

Nackte Christen – ein Beispiel

Ein Beispiel einer christlichen Gruppierung, die sich explizit für die FKK Kultur ausspricht, sind die Naturist Christians (naturist-christians.org). Sie sehen ihr Leben in den Lehren Jesu verankert und setzen sich aktiv für einen kleidungsfreien Lebensstil ein, da sie darin die Ursprünglichkeit der Schöpfung sehen. Bei den Naturist Christians handelt es sich um eine amerikanische Organisation, die es in dieser Art in Deutschland nicht gibt. Dies kann aber auch soziologisch-kulturelle Ursachen haben. Deutsche neigen nicht im gleichen Maß zur öffentlichen Gruppenbildung und praktizieren ihr Leben individueller. So gibt es wohl auch hierzulande viele FKK-Christen, die einfach nicht so sehr darüber sprechen, sondern einfach mal nackt baden gehen.

Andere Länder, andere Sitten

Während es in Deutschland eine beachtliche Zahl FKK-Clubs und FKK-Strände gibt, muss sich der Reisende in anderen Ländern mehr bedecken. Dies hat aber nur wenig mit der Religion zu tun. Generell gilt als Faustregel, dass in touristischen Gebieten offener mit Nacktheit umgegangen wird, als in abseitigen Dörfern. In Mexiko bedecken sich die Menschen am Strand beispielsweise etwas mehr als in Deutschland. Frauen, die mit T-Shirt und kurzer Hose baden sind nicht unüblich. In den Urlauberhochburgen wie Cancun hingegen existieren FKK Strände. Auch in Asien sind die Menschen häufig mehr bedeckt als in Europa. Der Grund hierfür liegt aber nicht in der Religion, sondern im dortigen Schönheitsideal. Während wir hierzulande so braun wie möglich sein wollen, wird in Asien eine helle Hautfarbe als schön empfunden. Daher meiden die Menschen die Sonne, bedecken sich und nutzen Creme mit Weißer (also eine Anti-Bräunungscreme). Wir sollten vorsichtig damit sein, und fremde Handlungen vorschnell als religiös bedingt abzustempeln.

Fazit: wie soll ich mich als FKK-Fan in christlichen Ländern verhalten?

Alles in allem kann man sich nach wenigen Faustregeln orientieren und wird keine Probleme im Urlaub auf der ganzen Welt haben:

  1. Schaue, was Deine Umwelt macht und tu es den Einheimischen nach
    • Wer sich an einem Strand befindet, an dem jeder ein T-Shirt trägt, sollte zumindest nicht Oben ohne gehen
  2. Schließe nicht von Sitten auf Religion und vereinheitliche nicht
    • Mit Sätzen wie „die Christen“ und „die Muslime“ macht sich niemand Freunde und sich selbst das Leben schwer.
  3. Wer in Ländern, wo dies eigentlich unüblich ist, nackt baden möchte, sollte sich eine einsame Bucht suchen, um kein Ärgernis zu erregen. Wer dies unbedingt möchte, kann dem selbstverständlich nachgehen.